Der Tagesspiegel, 31.3.2020
„Vier Wochen hat man mir Zeit gegeben, mein Leben in Deutschland abzuwickeln“, sagt FU-Student Ricardo Cabalero (Name von der Redaktion geändert). „Vier Wochen für fünfeinhalb Jahre.“
Der aus Venezuela stammende Cabalero befindet sich auf der Zielgeraden seines Masterstudiums in Philosophie, als ihn der Brief der Berliner Ausländerbehörde – die seit Beginn des Jahres 2020 den einladenden Titel „Landesamt für Einwanderung“ trägt – zur zügigen Auswanderung auffordert.
Trotz einer überschwänglichen Studienprognose der FU-Professorin Hilge Landweer, die einen schnellen Abschluss seiner Masterarbeit über die deutsche Phänomenologie in Aussicht stellt und ihm hervorragende Leistungen bescheinigt, ist er in Deutschland nicht länger willkommen.
Das Interesse der Bundesrepublik an seiner Ausreise überwiege sein Interesse, zu bleiben – so der Tenor des Behördenbescheids, der im Sommer 2019 in seinem Briefkasten liegt.
Besonders die Berliner Bildungspolitik betont seit Längerem ihr Anliegen, die Hochschulen internationaler zu machen. Schaut man auf den Fall Ricardo Cabalero, könnte man auf die Idee verfallen, die behördliche Praxis stehe dem entgegen.
Gibt es die vielbeschworene Willkommenskultur für internationale Studierende nur auf dem Papier?...