Link: Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur, Sendung am 08. und 08./09.06.2024
Vor knapp dreieinhalb Jahrzehnten fiel der „Eiserne Vorhang“, der Realsozialismus brach in sich zusammen und im Westen machte sich Aufbruchstimmung breit. Der Liberalismus galt als Sieger der Systeme, mitunter gar als letztes Stadium der Geschichte. Und tatsächlich schien die westliche Demokratie zunächst ein politischer Exportschlager zu werden.
Der große Optimismus der Nachwendezeit aber ist längst einer totalen Ernüchterung gewichen, und teilweise in nackte Angst umgeschlagen. Autoritäre Rechtspopulisten, radikale Formen des politischen Islam, ein neo-imperialistisches Russland, Chinas autokratischer Staatskapitalismus: Bedrohungen von innen und außen haben zugenommen, alternative Gesellschaftsentwürfe fordern unsere Lebensform auf breiter Front heraus – mit offenem Ausgang.
In der Langen Nacht werden jene Anfechtungsformen genauer betrachtet. Mit was genau haben wir es eigentlich zu tun? Wie sehen die Ideologien und Gesellschaftsmodelle der autoritären Widersacher aus? Und inwiefern ist der Liberalismus selbst für seine Krise verantwortlich zu machen?
Link: Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur, Sendung am 02. und 02./03.04.2022
Nicht mehr lange, dann werden die letzten Zeugen des Holocaust für immer verstummt sein. In einer Zeit, da die Shoah von verschiedenen Seiten her relativiert wird, kommt dem Genre der Lagerliteratur eine besondere Bedeutung zu. Viele Überlebende haben von Auschwitz unisono als einem „Schwarzen Loch“ der menschlichen Zivilisation gesprochen. Dennoch haben die „Barackengenossen“ Jean Améry und Primo Levi aus ihren Erfahrungen gegensätzliche Schlüsse gezogen – und entzweiten sich darüber nach der Befreiung. Während den italienischen Juden Primo Levi die Niederschrift seiner „grausigen Erinnerungen“ erleichtert, wird der von den Nazis zum Juden gemachte Österreicher Jean Améry in seinem Leben nicht mehr heimisch. In „Jenseits von Schuld und Sühne“ beschreibt er, wie die Tortur dauerhaft in ihn eingedrungen ist. Levi sucht einen Sinn in der Hölle – Amérys Weltvertrauen ist dauerhaft zerstört. 1978 setzt er seinem Leben mit Barbituraten ein Ende. Jahre später stürzt Primo Levi in den Treppenschacht seines Turiner Wohnhauses. Ob er ebenfalls Hand an sich legte, ist nicht eindeutig geklärt. Die Lange Nacht erzählt vom Leben und Denken der beiden gegensätzlichen Persönlichkeiten, deren Schicksale gleichzeitig so viel verband – vom antifaschistischen Widerstand über die entmenschlichenden Erfahrungen im Konzentrationslager bis hin zum Versuch literarischer Bewältigung.
(Speak Low – Verlag und Medienproduktion)
Link: Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur, Sendung am 14. und 14./15.04.2018
Der seit der Kindheit von Büchern umgebene Sartre und der in bitterer Armut aufgewachsene Algerienfranzose Camus thematisieren auf je eigene Weise die prekäre Existenz des Individuums in einer absurden und gottlosen Welt. Ohne jeden Kompass ist der Mensch zu einer furchterregenden, aber auch berauschenden Freiheit verdammt, die ihm die totale Verantwortung für sein Leben aufbürdet.
Ab den 1950er-Jahren engagieren sich Sartre und seine nicht minder populäre Lebensgefährtin Simone de Beauvoir immer stärker für den Kommunismus. Mit dem politisch gemäßigteren Camus kommt es darüber zum Bruch. Als Persona non grata wird der einst in die Pariser Intelligenz immigrierte Aufsteiger aus Algier nun aus deren Mitte verbannt.
Nach dem Zerwürfnis mit Sartre zieht sich Camus bis zu seinem Unfalltod im Jahr 1960 auf ein Leben und Denken im Zeichen der Sonne seiner Kindheit zurück. Jean-Paul Sartre schwört dem orthodoxen Kommunismus ab und wahrt seine Stellung als einer der tonangebenden Linksintellektuellen des 20. Jahrhunderts…
(Speak Low – Verlag und Medienproduktion)
Link: Deutschlandfunk/Deutschlandfunk Kultur, Sendung am 08. und 08./09.10.2016
Viele seiner Gedanken, Begriffe und Methoden sind in jene Gebiete der Kultur aufgenommen worden, die er zuvor kritisiert hatte. Foucaults Diskursanalyse, mit der er jene Strukturen herausarbeitete, die dem Denken und Handeln der Menschen in einer bestimmten Zeit ihr Gepräge geben, ist eine anerkannte Methode in etlichen wissenschaftlichen Disziplinen geworden: in der Soziologie, Ethnologie, Literatur- und Geschichtswissenschaft und in der Philosophie.
Seine Schriften zu modernen Machttechniken zeigen, wie eng Macht mit Wissen und körperlich wirksamen Disziplinen verbunden ist. Sie haben einen neuen Typus wissenschaftlichen Denkens geprägt. Die intellektuelle und biografische Unrast des Michel Foucault machte es schon zu seinen Lebzeiten schwer, ihm einen Stempel zu verpassen. Wahlweise als Kommunist, Dandy, Reaktionär, Antihumanist oder Anarchist bezeichnet, wurde ihm keine dieser Zuschreibungen gerecht. Vor allem in seiner letzten Schaffensphase bestand er auf der Möglichkeit zur Wandlung der eigenen Gestalt und suchte jenseits des Zugriffs moderner Macht nach Formen der Selbstgestaltung.
Bis zuletzt hat sich Foucault philosophisch wie politisch, im Hörsaal und auf der Straße bemüht, für jene zu sprechen, die in der herrschenden Ordnung keine Stimme haben – die Wahnsinnigen, die Inhaftierten, diejenigen, deren Begehren die Gesellschaft als pervers bezeichnet…
(Speak Low – Verlag und Medienproduktion)