Der Tagesspiegel, 02.12.2020
Wie wirkt sich Corona auf die Arbeit von Menschen in verschiedenen Weltregionen aus? Ebnet das Virus eher Unterschiede ein, oder reißt die soziale Schere weiter auseinander? Dass die Pandemie kein großer Gleichmacher ist, wurde nun von einer Reihe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Europa, Asien, Afrika, Nord- und Süd-Amerika bestätigt. Diverse ehemalige Fellows des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierten transnationalen Forschungskollegs „Arbeit und Lebenslauf in globalgeschichtlicher Perspektive“, kurz „re:work“, haben die fatalen Wirkungen des Virus auf die globale Arbeit untersucht.
Die Ergebnisse des in Buchform erscheinenden Gemeinschaftswerks „Corona and Work Around The Globe“, gefördert von der Berlin University Alliance (BUA), fallen düster aus: „Die Pandemie hat die extreme Verwundbarkeit von Millionen von Freiberuflern und Angestellten wie unterm Brennglas offenbart,“ sagt Andreas Eckert, Professor für Geschichte Afrikas an der HU Berlin, der das „re:work“- Projekt seit elf Jahren leitet. Corona zeitige nicht grundsätzlich Neues – die Seuche verstärke meist bestehende Tendenzen. So habe sich zum Beispiel überall gezeigt, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, die ohnehin am meisten ausgebeutet würden, von der Krise auch am heftigsten gebeutelt seien. Diese Bevölkerungsgruppen stünden aktuell ungleich schlimmer da als ohnehin schon, erklären die aus verschiedenen Disziplinen stammenden Forscherinnen und Forscher.
So gibt der Band zum Beispiel einen Einblick in das Schicksal hunderttausender indischer Wanderarbeiter, die teils auf den Straßen verhungert sind, nachdem ihre Arbeitgeber sie wegen Corona nicht mehr in die Werkshallen ließen und es außerdem kaum möglich war, noch Kleinhandel zu treiben...