Der Tagesspiegel, 28.4.2017
Der Name Jörg Baberowski ist derzeit auch jenseits des akademischen Betriebs vieldiskutiert. Der Berliner Geschichtsprofessor und Stalinexperte, der für sein Buch „Verbrannte Erde“ 2012 den Preis der Leipziger Buchmesse erhielt, wurde von Studenten als „rechtsradikal“ und „rassistisch“ bezeichnet und klagte wegen Verleumdung. Das Landgericht Köln verbot die Titulierung „rassistisch“, erklärte es aber für legal, die politische Position des Klägers als „rechtsradikal“ zu bezeichnen. Unabhängig von der tatsächlichen Gesinnung Baberowskis sei dessen Verortung im rechten Spektrum ob seiner integrationsskeptischen Sätze keine Schmähkritik und durch die Meinungsfreiheit gedeckt.
Die Leitung der Humboldt-Universität erklärte sich daraufhin mit dem Professor solidarisch: Seine wissenschaftlichen Äußerungen seien nicht rechtsradikal. Schon vorher hatten deutsche Medien mehrfach die „Diskreditierungskampagne“ gegen den Wissenschaftler und die vermeintliche Bedrohung seiner Reputation durch die Schmähungen linker Sektierer beklagt. Die sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und deren Jugendorganisation IYSSE machen auf ihrer „World-Socialist-Website“ gegen Jörg Baberowski mobil. Vor seinen Vorlesungen verteilen die wenigen Mitglieder dieser Gruppe Flugblätter mit Warnhinweisen. Auch fotografieren sie Baberowski in der Öffentlichkeit, wie der Professor berichtet. Die Gruppe versuche, sein Leben zu ruinieren.
Trotz dieser Vorfälle wird die Kritik an Baberowski nicht dadurch gegenstandslos, dass sie von einer trotzkistischen Gruppe ausgeht. Um zu klären, ob an den Vorwürfen etwas dran ist, sollte man seine Thesen und Argumente untersuchen. Zumal er selbst immer wieder beklagt, dass eine Auseinandersetzung mit seinen Argumenten fehle und dass die Debatte durch die Totschlagthese seiner angeblich rechten Gesinnung kurzgeschlossen werde. Was also sagt und meint der Historiker und Publizist Jörg Baberowski?...