Der Tagesspiegel, 6.2.2017
Vor wenigen Tagen, am 27. Januar 2017, jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch Soldaten der Roten Armee zum 72. Mal. Auschwitz steht seit vielen Jahren symbolisch für den industrialisierten Massenmord an sechs Millionen europäischen Juden. Wahrscheinlich gibt es kaum ein Ereignis, das die Wissenschaft intensiver beforscht hat, als die von den Nazis anvisierte und beinahe vollständig umgesetzte Vernichtung des europäischen Judentums.
Nun beschränkten sich die antisemitischen Aktivitäten des NS-Regimes aber nicht auf Deutschland und seine Nachbarländer. Die Frage jedoch, wie es Jüdinnen und Juden außerhalb Europas unterm Hakenkreuz erging, wird vergleichsweise selten gestellt. Im Rahmen des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus, der jedes Jahr am 27. Januar international begangen wird, gab es im Jüdischen Museum Berlin nun eine Tagung, auf der Wissenschaftler und Journalisten aus Deutschland, Italien und Israel den Forschungsstand zum Schicksal der Juden in Nordafrika zur Zeit des Zweiten Weltkriegs diskutierten.
Im Zentrum stand die kontroverse Frage, inwiefern sich die Geschichte des nordafrikanischen Judentums in die gesamtjüdische Verfolgungsgeschichte einbetten lässt. Kann man die maghrebinischen Juden (und andere Mizrachim, also Juden aus dem Nahen Osten und Asien), die in den frühen vierziger Jahren unter dem Einfluss des Nationalsozialismus zu leiden hatten, als Opfer der Schoah bezeichnen?...