Der Tagesspiegel, 30.9.2016
Im Jahr 2007 wurde der erste Stolperstein in den Asphalt geklopft, der an ein schwarzes Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Seitdem kann es aufmerksamen Spaziergängern in der Berliner Brunnenstraße passieren, dass sie das Haupt vor Mohamed Husen neigen. Die ereignisreiche Geschichte, die sich hinter diesem Namen verbirgt, erzählt trotz ihrer Besonderheit kein Ausnahmeschicksal. Denn Husen, der 1944 im KZ Sachsenhausen ums Leben kam, ist einer von unzähligen Menschen of Color, die hierzulande – schon lange vor dem „Dritten Reich“ – mit dem Stigma des „Anderen“ zu kämpfen hatten und bis heute unter rassistischer Ausgrenzung leiden.
Das vom Institut für angewandte Forschung Berlin geförderte Projekt „Erinnerungsorte. Vergessene und verwobene Geschichten“ forscht Lebenswelten jener Personen nach, deren Schicksale im Kanon der etablierten Erinnerungskultur nicht oder bloß unzureichend vertreten sind. Zu diesem Zweck haben die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Aktivisten nicht nur die individuellen Geschichten von marginalisierten Menschen of Color recherchiert…